Komparatistik ist eine nahezu ubiquitäre Arbeitsweise in den mediävistischen Literaturwissenschaften. Die Forschungsinteressen richten sich zum einen auf Texte, zwischen denen nachweisbare Beziehungen bestehen, und verfolgen die Transmission und Transformation von Narrativen und ästhetischen Kohärenzen durch die Literaturen. Ausgehend von spezifischen Problemstellungen werden zum anderen Texte mit unabhängiger Genese und Rezeption gattungsübergreifend miteinander konfrontiert. Unter der Voraussetzung eines erweiterten Literaturbegriffs kommen stets kulturwissenschaftliche und intermediale Fragen in Betracht.
Dennoch wird die komparatistische Ausrichtung der Mediävistik viel zu selten zum Gegenstand wissenschaftlicher Reflexion. Das Forum für mediävistische Komparatistik möchte aus diesem Grunde einen Gesprächsraum über Theorien und Praktiken der Komparatistik eröffnen. Wir möchten bestehende Forschung zu Gegenständen, Theorien und Methoden einer vergleichenden Literaturwissenschaft des Mittelalters bündeln und diskutieren sowie neue Themenfelder erschließen. Über die europäische Kultur im Westen hinaus, die den Zeitrahmen vorgibt – 8.–16. Jahrhundert – und den Schwerpunkt bildet, interessiert uns Literatur im transkulturellen Kontext.
Um einen internationalen Austausch zu ermöglichen, laden wir zu regelmäßig stattfindenden Online-Vorträgen ein, die auf Deutsch, Englisch oder Französisch gehalten werden. Sie sind jederzeit herzlich willkommen! Die Vorträge werden über diese Seite und einen E-Mail-Verteiler angekündigt. Bei Interesse melden Sie sich gerne über das Kontaktformular an, über das Sie den Link zum Vortrag erhalten.
Die Initiatorinnen:
Beatrice Trînca ist Germanistin und Religionswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Mittelalter, ihr Fokus richtet sich vor allem auf ästhetische und kulturwissenschaftliche Fragestellungen. Von 2012 bis 2020 war sie Juniorprofessorin für „Religion und Literatur in der europäischen Kultur des Mittelalters sowie deren Rezeption mit Schwerpunkt auf der Geschlechterforschung“ an der Freien Universität Berlin. 2017 habilitierte sie sich mit der Arbeit „Amor conspirator. Zur Ästhetik des Verborgenen in der höfischen Literatur“ (erschienen 2019 bei Vandenhoeck & Ruprecht) im Fach Ältere deutsche Sprache und Literatur an der Universität Hamburg. Zurzeit bearbeitet sie das Heisenberg-Projekt „Produktive Kommunikationsbarrieren in der Literatur des Hoch- und Spätmittelalters“ an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Lea Braun ist germanistische Mediävistin und Anglistin. Sie war Stipendiatin des Exzellenzclusters „Topoi“ in Berlin, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Heidelberg und im SFB 644 „Transformationen der Antike“. 2017 wurde sie mit einer komparatistischen Arbeit zu den „Transformationen von Herrschaft und Raum in Heinrichs von Neustadt ‚Apollonius von Tyrland‘“ promoviert. Seit 2017 ist sie wissenschaftliche Assistentin an der Professur für Literatur des frühen und hohen Mittelalters an der Humboldt-Universität. Sie forscht unter anderem zu Raum- und Zeitkonzepten in der mittelhochdeutschen Literatur, historischer Narratologie und Mittelalterrezeption.
Julia Rüthemann ist Mediävistin und forscht zu narratologischen, kulturwissenschaftlichen und genderspezifischen Aspekten mittelhochdeutscher und altfranzösischer Literatur. Promoviert wurde sie mit einer Arbeit über die Poetik des Herzens und der Personifikation („Die Geburt der Dichtung im Herzen“, erschienen 2021 in den Philologischen Studien und Quellen). Nachdem sie an der Universität Mannheim bzw. Potsdam in einem komparatistischen DFG-Projekt über deutsche und französische minneallegorische Erzählungen in der ersten Person gearbeitet hat, widmet sie sich im Rahmen eines Feodor Lynen-Forschungsstipendiums der Humboldt-Stiftung (am Centre de Recherches Historiques, CRH-EHESS, in Paris) nun weiblicher Autorschaft in allegorischen Ich-Erzählungen.